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Handel nach dem Motto „Sell America“ lässt nach

Die USA stimmten einer Senkung der Zölle von 145 % auf 30 % zu, während China seine Zölle für die nächsten 90 Tage von 125 % auf 10 % senken wird. • Auf der makroökonomischen Ebene sank die jährliche Gesamtinflation in den USA von 2,4 % im März auf 2,3 % im April, während die…

  • Die globalen Märkte legten am Montag sprunghaft zu, nachdem der US Treasury Secretary Scott Bessent eine Deeskalation der Handelsspannungen angekündigt hatte. Sowohl die USA als auch China senkten die Zölle für einen Zeitraum von 90 Tagen.
  • Die USA stimmten einer Senkung der Zölle von 145 % auf 30 % zu, während China seine Zölle für die nächsten 90 Tage von 125 % auf 10 % senken wird. US-Präsident Donald Trump sagte, das Abkommen habe einen „totalen Neustart“ mit China bewirkt.
  • Am Tag der Ankündigung verzeichneten die US-Aktienmärkte den höchsten Anstieg. Der Dow Jones stieg um 2,8 %, der S&P 500 um 3,3 % und der Nasdaq um 4,4 %.
  • Auf der makroökonomischen Ebene sank die jährliche Gesamtinflation in den USA von 2,4 % im März auf 2,3 % im April, während die Kerninflation weiter stabil bei 2,8 % liegt. Auf die schwächer als erwartet ausgefallenen Zahlen zu den Erzeugerpreisen vom Dienstag folgten geringer als erwartet ausgefallene Zahlen für die Verbraucherinflation.
  • Der US-Dollar zeigte im Laufe der Woche Volatilität. Der US-Dollar war zunächst stärker, da die Nachrichten über das Handelsabkommen zwischen den USA und China die Stimmung gegenüber dem Greenback verbesserten.
  • Später gab der US-Dollar jedoch nach, da die niedriger als erwartet ausgefallenen Inflationszahlen an den Märkten zu Spekulationen führte, dass die Federal Reserve eher bereit sein könnte, die US-Zinsen zu senken.
  • Auf anderen Märkten wurde der Euro gegenüber dem US-Dollar schwächer, da die Bedenken hinsichtlich Zöllen leicht nachließen und Investitionsströme wieder in die USA flossen. In Asien war der US-Dollar jedoch schwächer. Das Währungspaar USD/JPY verzeichnete vier Tage in Folge eine Abwärtsentwicklung.
Chart: Volatility fades fast despite still-elevated uncertainty.

Globale Makrodaten
Aktivierung der Risikobereitschaft infolge des Abkommens zwischen den USA und China

Tarifanpassungs-Rallye. Noch vor wenigen Monaten wären Zölle in Höhe von 30 % auf Importe aus China als extrem betrachtet worden. Jetzt ist dieses Zollniveau der Auslöser für eine der größten Rallyes auf den Aktienmärkten in der jüngeren Geschichte. Der S&P 500 konnte zuletzt im Jahr 1982 einen Rückgang von 15 % seit Jahresbeginn in weniger als sechs Wochen ausgleichen. Das Zollabkommen zwischen den USA und China umfasst eine Senkung der Zölle um 115 Prozentpunkte. Dabei werden die US-Zölle auf Importe aus China von 145 % auf 30 % und die chinesischen Zölle auf Importe aus den USA von 125 % auf 10 % gesenkt. China wird die seit dem 2. April 2025 verhängten nicht zollbezogenen Gegenmaßnahmen aussetzen oder aufheben, z. B. Exportbeschränkungen für kritische Mineralien.

Inflation lässt nach, wobei Zölle noch nicht zum Tragen kommen. Der US-Verbraucherpreisindex stieg im April gegenüber dem Vormonat lediglich um 0,2 %, blieb damit hinter den Erwartungen zurück und drückte die Gesamtinflation auf 2,3 % im Vergleich zum Vorjahr, den niedrigsten Stand seit Februar 2021. Die Kerninflation liegt weiter bei 2,8 % im Vergleich zum Vorjahr, während die Superkerninflation den niedrigsten Stand seit ungefähr vier Jahren erreichte. Der allgemeine Preisdruck scheint nachzulassen. Unternehmen zeigten bisher wenig Interesse, die Kosten der höheren Zölle an die Verbraucher weiterzugeben.

Die Umkehr beim US-Dollars verliert an Schwung. Der Rückgang des US-Dollars von seinem gleitenden 50-Wochen-Durchschnitt signalisiert eine nachlassende Dynamik. Steigende US-Renditen lassen jedoch darauf schließen, dass die Anleger über die kurzfristige Erleichterung bei der Inflation hinaus auch auf die Auswirkungen der Zölle und die bevorstehende Verabschiedung der Steuergesetze blicken. Die vorsichtige Haltung der Fed hat dem US-Dollar über die Renditen etwas Unterstützung geboten. Sollten die Kernzahlen zur Wirtschaft jedoch schwächer werden, könnte sich diese Unterstützung verändern und die Währung weiteren Abwärtsrisiken aussetzen. Während die Deeskalation beim Handel für kurzfristige Erleichterung sorgt, bleiben die Risiken langfristig bestehen. Die Märkte werden aufmerksam beobachten, ob die vorherigen Spannungen anfangen, die Wirtschaft zu belasten.

Widersprüchliche Signale aus Europa. Was die Makronachrichten aus der Eurozone betrifft, zeigte die ZEW-Umfrage zu den Erwartungen im Mai eine Erholung. Dies deutet auf einen wachsenden Optimismus hinsichtlich wirtschaftlicher Stabilität, Regierungsbildungen und Handelsfortschritten hin. Die Kennzahlen für die aktuelle Lage zeigten jedoch keine Erholung, was die anhaltende wirtschaftliche Unsicherheit verdeutlicht. Unterdessen belief sich das Wachstum der Industrieproduktion im ersten Quartal auf 4,7 %, das höchste Wachstum seit Beginn der Aufzeichnungen, abgesehen von der Erholung nach dem ersten Lockdown im Jahr 2020. Diese Entwicklung scheint jedoch vor allem auf die vorgezogenen Lieferungen von Produkten aus Europa in die USA zurückzuführen zu sein.

Wachstumsschub für das Vereinigte Königreich. Die britischen BIP-Daten zeigten im ersten Quartal ein stärkeres Wachstum als erwartet. Die Wirtschaft wuchs um 0,7 %, übertraf die Prognosen von 0,6 % und lag deutlich über dem Anstieg von 0,1 % im vierten Quartal 2024. Das Wachstum von 0,2 Prozent im März, das die Erwartungen hinsichtlich eines Null-Wachstums übertraf, unterstreicht die Dynamik. Exporte erreichten den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren – allerdings wurden die Daten vor der Einführung der Zölle am „Liberation Day“ erhoben. Neben dem zähen Lohnwachstum, das im Arbeitsmarktbericht dieser Woche zu sehen ist, deuten die soliden BIP-Daten darauf hin, dass die Bank of England (BoE) im Juni möglicherweise noch von Zinssenkungen absehen wird.

Chart: Major de-escalation in US-China trade war.

FX-Perspektiven
Gewinne mit Leitplanken

USD: Kurzfristige Erleichterung, langfristige Risiken. Trotz einer deutlichen Erholung vom 3-Jahres-Tief im April auf 4 % in dieser Woche scheint die Erholung des US-Dollars an Schwung verloren zu haben. Die allgemeine Stimmung zeigt weiter eine negative Tendenz beim US-Dollar: Wenn er nicht durch Nachrichten über Zollverhandlungen, die die Märkte in den letzten Wochen beruhigt haben, gestärkt wird, sucht der US-Dollar-Index immer nach einem Grund, nach unten tendieren zu können.  Die harten Daten lassen noch keine klaren Anzeichen einer zollbedingten Belastung der US-Wirtschaft erkennen. Die Unsicherheit über die nächsten Schritte des Weißen Hauses in der Handelspolitik sowie die zunehmenden Diskussion über eine Abkehr vom US-Dollar belasten den Greenback weiterhin. Die Erholung der US-Aktienkurse und die Deeskalation beim Handel könnten den Fokus der Fed wieder zur Inflation lenken. Eine weitere Zinssenkung wäre in diesem Fall kurzfristig unwahrscheinlich. Trotz des niedrigeren Verbraucherpreisindex (VPI) von 2,3 % behielt die Fed ihre abwartende Haltung bei und ließ die Erwartungen hinsichtlich einer geldpolitischen Lockerung weitgehend unverändert. Die aggressive Haltung sollte den US-Dollar stützen oder zumindest weitere Abwärtsbewegungen begrenzen. Während wir jedoch kurzfristig eine Erleichterung beim Dollar beobachten konnten, untergräbt die allgemeine Stimmung hinsichtlich einer Entdollarisierung jedes langfristige Vertrauen in den US-Dollar.

EUR: Balanceakt in einer sich verändernden Umgebung. Das Schicksal des Währungspaars EUR/USD-Kurs ist weiter mit der Risikobereitschaft in den USA verbunden. Da die Sorgen um die US-Wirtschaft etwas nachlassen, hat sich die beeindruckende Rallye des Paares in letzter Zeit abgekühlt. Die Stärke des Euros beruht nicht auf den wirtschaftlichen Fundamentaldaten, sondern auf der starken Nachfrage nach Euro-denominierten Anlagen. Anleger stehen der Vorstellung, der Euro sei der neue US-Dollar, zunehmend positiv gegenüber. Dies wirft jedoch Fragen zur Nachhaltigkeit der Rallye auf, insbesondere angesichts der anhaltenden, entschieden gemäßigten Geldpolitik der EZB. Diese Divergenz zwischen geldpolitischem Ansatz und Markteinpreisung vergrößert die Kluft zwischen Spotwert und fairem Wert. Mit Blick auf die Zukunft könnte die EZB in eine Zwickmühle geraten. Wenn der Euro weiter an Wert gewinnt, könnten Exporteure im Euroraum die Folgen zu spüren bekommen, was zu einem Druck auf die Einnahmen und die von Draghi viel gepriesene Wettbewerbsfähigkeit führen würde. Dies würde wahrscheinlich eine noch gemäßigtere Reaktion der EZB zur Folge haben, die sich schon seit einiger Zeit stärker auf das Wachstum als auf die Inflation konzentriert. Das Währungspaar EUR/USD liegt weiter ungefähr vier Cent unter dem Höchststand von 2025. Ein erneutes Antesten neuer Höchststände ist nicht zu erwarten, es sei denn, das Währungspaar schließt erneut oberhalb des 21-Tage-Durchschnitts von 1,1314 USD. In den kommenden Wochen und Monaten dürfte das Währungspaar EUR/USD innerhalb des Bereichs von 1,11 USD bis 1,15 USD schwanken.

Chart: Bigger picture - dollar still grappling with tariff fallout

GBP: Handelsgespräche prägen die Stimmung. Zu Beginn der Woche drückte die Entspannung beim Handel zwischen den USA und China das Währungspaar GBP/USD nach unten, in Richtung des 50-Tage-Durchschnitts bei 1,3091 USD. Im weiteren Verlauf der Woche erholte sich das Währungspaar, angetrieben von der anhaltend positiven Stimmung gegenüber dem Pfund. Händler verstärkten ihre optimistischen GBP-Positionen, wobei die einmonatige Risikoumkehr für das Währungspaar GBP/USD zum dritten Mal innerhalb von vier Tagen anstieg. Die vorläufigen BIP-Daten aus dem Vereinigten Königreich überraschten positiv und zeigten gegenüber dem vorangegangenem Quartal ein Wachstum von 0,7 %. Allerdings trugen die Zahlen wenig zur Aufwärtsdynamik des Pfunds bei. Stattdessen dämpften schwächere US-Daten die Nachfrage nach dem US-Dollar und verstärkten die allgemein negative Stimmung gegenüber dem US-Dollar. Trotz der positiven Stimmung in Bezug auf das Pfund Sterling könnten die anhaltende Unberechenbarkeit in Washington und die noch in der Anfangsphase steckenden Handelsverhandlungen zwischen dem Vereinigten Königreich und den USA die Klarheit hinsichtlich der zukünftigen Richtung einschränken. Unterdessen gewann das Währungspaar GBP/EUR weiter an Zugkraft und wurde kurzzeitig oberhalb der Marke von 1,19 EUR gehandelt. Die nachlassende Marktvolatilität und die zunehmende globale Risikobereitschaft kamen dem risikosensiblen Pfund stärker zugute als dem Euro. Wenn die Risikobereitschaft hoch bleibt, könnte der High-Beta-Status des Pfund Sterling eine Entwicklung über die Marke von 1,19 EUR hinaus unterstützen. Dennoch müssen wichtige Widerstandsniveaus, einschließlich des 200-Tage-Durchschnitts bei 1,1925 EUR, überwunden werden, um Vertrauen in eine Bewegung in Richtung von 1,20 EUR aufzubauen. Das erste Gipfeltreffen zwischen Vereinigten Königreich und der EU nach dem Brexit am nächsten Montag könnte hier entscheidend sein. Signale für eine stärkere Zusammenarbeit könnten das Pfund zusätzlich stützen.

CHF: Abwicklung der Safe-Haven-Nachfrage. Nachdem der Schweizer Franken im vergangenen Monat gegenüber 98 % der Währungen weltweit an Wert gewonnen hatte, wendete sich das Blatt im Mai. Er ist bisher nur gegenüber 16 % der globalen Pendants gestiegen, da Händler sich aufgrund der nachlassenden Handelsspannungen aus Safe-Haven-Anlagen zurückziehen. Tatsächlich liegt das Währungspaar EUR/CHF-Paar seit dem Tiefststand im April mittlerweile um beinahe 2 % höher, stößt jedoch an die Widerstandsgrenze, die von seinem 200-Tage-Durchschnitt gebildet wird. Trotz der aktuellen Schwäche stellt die Aufwertung des Schweizer Franken im Jahr 2025 ein Deflationsrisiko für die Schweizerische Nationalbank dar, da die Inflation laut den Verbraucherpreisindex-Zahlen der letzten Woche bereits gedämpft ist. SNB-Präsident Schlegel hat Zinssenkungen in den negativen Bereich hinein nicht ausgeschlossen. Seine Rede am Freitag wird hinsichtlich der geldpolitischen Signale aufmerksam beobachtet werden. Da die SNB keinen Einfluss auf das Währungspaar EUR/USD hat, ist sie gezwungen, das Währungspaar EUR/CHF aktiver zu steuern. Die Abkopplung des Währungspaars EUR/CHF von den Zinsdifferenzen verharrt in der Nähe extremer Niveaus, was das Paar anfällig für ein wechselkursbedingtes Anziehen macht.

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