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Risiko basiert auf Öl

Geopolitische Spannungen und steigende Ölpreise verliehen dem US-Dollar Auftrieb, während überraschende Zinssenkungen in Europa einen Gegensatz zur aggressiven Einstellung der Fed bilden. Die Bank of England ließ die Zinsen unverändert. Schwache Daten aus dem Vereinigten Königreich und ein gemäßigtes Abstimmungsergebnis deuten jedoch auf bevorstehende geldpolitische Lockerungen hin.

Titelbild für das deutsche Wöchentliches Marktupdate
  • Die kurzfristigen Marktbewegungen wurden hauptsächlich durch den Israel-Iran-Konflikt ausgelöst. Die Kombination aus steigenden geopolitischen Risiken und Ölpreisen verlieh dem US-Dollar vorübergehend wieder eine gewisse Safe-Haven-Attraktivität.   
  • Der Ölpreis gab jedoch wieder nach, als aus dem Weißen Haus die Nachricht kam, dass Präsident Trump innerhalb von zwei Wochen über die Anordnung direkter Angriffe auf den Iran entscheiden werde. Dies dämpfte die Angst vor einer unmittelbaren Eskalation und bremste die Erholung des US-Dollars.
  • Dennoch stellen die Spannungen im Nahen Osten einen weiteren negativen Schock für die ohnehin schon schwache Weltwirtschaft dar. Ein deutlicher Anstieg der Ölpreise könnte Zentralbanken dazu bewegen, weitere Zinssenkungen aufzuschieben, um das Risiko einer zweiten Inflationsrunde zu minimieren.
  • Die Federal Reserve hat die Zinssätze zum vierten Mal in Folge unverändert gelassen und bleibt weiterhin vorsichtig, da sie mehr Klarheit hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen der politischen Agenda der Trump-Regierung gewinnen möchte.
  • Die Bank of England beließ den Leitzins erwartungsgemäß unverändert bei 4,25 % und sendete nur wenig Signale, dass sie zu einer beschleunigten geldpolitischen Lockerung bereit ist – trotz der deutlichen Verschlechterung der Arbeitsmarktdaten und des nachlassenden britischen Wirtschaftswachstums.
  • Doch anderswo in Europa wehte ein gemäßigter Wind. Die Schweiz, Schweden und Norwegen senkten die Zinsen, da die geldpolitischen Entscheidungsträger versuchen, den wirtschaftlichen Folgen von Donald Trumps unvorhersehbarer Handelsagenda zuvorzukommen.
  • Insgesamt bleiben jedoch Geopolitik und Ölpreise die kurzfristig dominierenden Faktoren in Bezug auf Risikobereitschaft und Marktvolatilität.
Chart: Recessions often precede or coincide with an oil price shock

Globale Makrodaten
Zwischen Geopolitik und Zentralbankentscheidungen

Geldpolitische Lockerungen treffen auf globale Spannungen. Sechs G10-Zentralbanken hielten diese Woche Sitzungen ab, in denen geldpolitische Entscheidungen getroffen wurden. Die Fed, die Bank of England und die Bank of Japan ließen die Zinsen erwartungsgemäß unverändert, während sich die Riksbank mit einer Senkung um 25 Basispunkte der Schweizerischen Nationalbank anschloss. Die eigentliche Überraschung kam – mit einer Entscheidung für eine geldpolitische Lockerung – aus Norwegen. Diese Zinssenkungen mit dem Schwerpunkt in Europa erfolgen vor dem Hintergrund des Fristablaufs am 9. Juli: Nach diesem Datum könnten die USA erneut globale Strafzölle einführen. Angesichts der anhaltenden Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und dem Risiko eines US-Angriffs auf den Iran scheinen diese drei europäischen Zentralbanken zu signalisieren, dass es Spielraum für weitere Zinssenkungen gibt.

Öl im Fokus. Die Auseinandersetzungen zwischen Israel und dem Iran in jüngster Zeit waren in der Regel nur von kurzer Dauer. Jetzt scheint Israel jedoch entschlossen zu sein, die USA einzubeziehen – und könnte damit Erfolg haben. Die Medien berichten von einer bevorstehenden amerikanischen militärischen Aktion, und der jüngste Social-Media-Beitrag von Präsident Trump deutet auf eine wachsende US-amerikanische Bereitschaft hierfür hin. Die Märkte reagierten schnell: Der Preis für WTI-Rohöl stieg wieder auf 77 USD pro Barrel und erreichte damit den höchsten Stand seit Januar letzten Jahres.

Die aggressive Fed ist wieder da. Die Fed ließ die Zinsen zum vierten Mal in Folge unverändert und blieb vorsichtig, was auf die Unsicherheiten hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen der veränderlichen politischen Agenda der Trump-Administration zurückzuführen ist. Die mittlere Inflationsprognose für Ende 2025 wurde von 2,7 % auf 3 % angehoben, während die Wachstumsprognose von 1,7 % auf 1,4 % gesenkt wurde, was auf die Gefahr einer Stagflation hindeutet. Die Kommentare des Vorsitzendem Powell zur zollbedingten Inflation zeigten wieder eine aggressive Einstellung, nachdem sie sich zuvor aufgrund einer Reihe schwächerer Arbeitsmarkt- und Preisdaten abgeschwächt hatte.

Die Angst ist zurück – und damit auch US-Dollar. Zum ersten Mal seit dem Liberation Day ist die Safe-Haven-Dynamik wieder zum Vorschein gekommen: Der VIX ist auf 22 gestiegen und liegt damit deutlich über dem 10-Jahres-Durchschnitt von 18,5. Dies führte zu einem Rückgang bei den Aktienkursen, sinkenden Renditen für US-Staatsanleihen und einem Anstieg des Dollars um 1 %, der nun wieder über dem gleitenden 20-Tage-Durchschnitt von 99 liegt.

Chart: Markets expecting more cuts by the Fed, BoE

FX-Perspektiven
Rohöl als Signalgeber

USD: Öl macht die Tanzmusik. Die geringere Wahrscheinlichkeit eines US-Angriffs auf den Iran an diesem Wochenende gab den Devisenmärkten ausreichend Spielraum, ihre Short-Positionen in US-Dollar wieder aufzustocken, insbesondere gegenüber europäischen Währungen. Dies unterstreicht, dass in einem Umfeld, das strukturell zum Verkauf des US-Dollar tendiert, nur eine dauerhafte, ölbedingte Risikoaversion den Greenback stützen kann. Seit die USA im Jahr 2019 zu einem Nettoexporteur von Öl wurden, verbessern höhere Rohölpreise die Handelsbedingungen für die USA und stützen den US-Dollar, statt ihm zu schaden. Der Anstieg der Ölpreise um mehr als 20 % innerhalb einer Woche stützte den US-Dollar. Die Erholung der Stimmung zeigte sich auch auf dem Optionsmarkt: Händler zogen sich zum ersten Mal seit April von pessimistischen US-Dollar-Positionen zurück. Auch die Fed stand diese Woche im Rampenlicht. Sie behielt ihre vorsichtige Haltung hinsichtlich geldpolitischer Lockerung bei, was zur Stützung des ertragsstarken US-Dollar beitrug. Die Ölpreise und der Nahostkonflikt blieben dennoch die wichtigsten Faktoren für die Devisenmärkte. Daher bremsten nachlassende Ängste vor einer unmittelbaren Eskalation die Erholung des US-Dollar.

EUR: Geopolitik, Wachstumssorgen und die Abwärtsentwicklung des Euro. Die Entwicklung des Euro über die Woche wurde durch eine volatile Mischung aus geopolitischen Spannungen, Signalen von Zentralbanken und einer geänderten Marktstimmung geprägt. Die Währung setzte zunächst ihre bisherige Rallye über die Marke von 1,16 USD hinaus fort, gestützt durch die aggressive Rhetorik von EZB-Vertretern. Allerdings kehrte sich die Dynamik Mitte der Woche um, als der Euro wieder in den Bereich von 1,14 USD fiel. Die erneute Zunahme der Safe-Haven-Nachfrage nach dem US-Dollar, verstärkt durch eskalierende geopolitische Risiken und sprunghaft ansteigende Energiepreise, belastete das Währungspaar EUR/USD – insbesondere, da Europa ein Nettoimporteur von Energie ist. Auch wenn robuste ZEW-Daten aus Deutschland auf eine Verbesserung der Stimmung in Deutschland hindeuteten, blieben die Fundamentaldaten der Eurozone gedämpft und die Industrieproduktion ging zurück. Am Ende der Woche war die makroökonomische Entwicklung von einer Welle gemäßigter Entscheidungen in ganz Europa geprägt, da die Schweiz, Schweden und Norwegen innerhalb von 24 Stunden die Zinsen senkten. Diese Entscheidungen unterstreichen die allgemeineren Sorgen hinsichtlich Wachstum und Handelsunsicherheiten. Kurz gesagt, spiegelt der Rückgang des Euro in dieser Woche eine Neueinpreisung der geopolitischen Risiken, ein Wiedererstarken des US- Dollars und eine zunehmende Divergenz der globalen geldpolitischen Strategien wider, wobei Zentralbanken in ganz Europa ihre Geldpolitik gerade dann lockern, wenn die Fed ihren aggressiven Kurs verschärft.

Chart: USD dances to oil's tune

GBP: Herausforderndes Umfeld voraus. Abgesehen von den geopolitischen Faktoren, die den Devisenhandel beeinflussen, haben die gemäßigte Haltung der Bank of England und eine Reihe schwacher Daten aus dem Vereinigten Königreich das Pfund in letzter Zeit belastet, da dessen Renditevorteil voraussichtlich weiter abnehmen wird. Das Währungspaar GBP/USD fiel deutlich von dem 3-Jahres-Hoch über 1,36 USD und durchbrach den gleitenden 21-Tage-Durchschnitt nach unten – ein Zeichen, dass der Aufwärtstrend an Dynamik verliert. Der gleitende 50-Tage-Durchschnitt bei 1,3381 USD bot jedoch ein gutes Unterstützungsniveau, während das Pfund im Zuge der globalen Risikostimmung zu einer Erholung ansetzt. Die Anfälligkeit des Pfund Sterling gegenüber externen Schocks wie steigenden Ölpreisen in Verbindung mit schwachen Inlandsdaten bekräftigt jedoch unsere kurzfristig vorsichtigere Haltung gegenüber dem GBP. Das Währungspaar GBP/EUR fällt weiterhin. Seit dem Höchststand von Ende Mai bei 1,1966 EUR ist es um mehr als 2,3 % gefallen und hat vor Kurzem die längste tägliche Verlustserie seit dem Höhepunkt der Pandemie verzeichnet. Das Währungspaar wird derzeit unter allen wichtigen gleitenden Tages- und Wochendurchschnitten gehandelt. Ein Aufenthalt oberhalb der Marke von 1,17 EUR wird für das Währungspaar entscheidend sein, da sonst noch vor dem Monatsende ein weiterer Rückgang in Richtung der Marke von 1,16 EUR oder darunter zu erwarten ist. Obwohl ein stärkerer Euro das Währungspaar GBP/EUR belasten würde, könnte er für das Währungspaar GBP/USD ein gutes Signal sein – unter der Voraussetzung, dass das Währungspaar EUR/USD, das liquideste und am häufigsten gehandelte Währungspaar, einen Anstieg verzeichnet.

CHF: Keine Rendite, kein Problem. Der Schweizer Franken wird weiterhin weniger als konventionelle Währung gehandelt, sondern eher als strategischer Portfoliodiversifikator – ähnlich wie Gold. Obwohl die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Leitzins auf null gesenkt hat, bleibt der Franken der Safe-Haven-Held. Die SNB signalisierte zwar ihre Bereitschaft zu einer weiteren geldpolitischen Lockerung, die Reaktion der Währung unterstreicht jedoch, dass die Zinspolitik nicht der primäre Treiber für den CHF ist. Tatsächlich war es die Pressekonferenz von SNB-Präsident Martin Schlegel, nicht die geldpolitische Entscheidung an sich, die die Märkte bewegte. Schlegel ließ zwar die Möglichkeit negativer Zinssätze offen, betonte aber, dass eine solche Entscheidung nicht „leichtfertig“ getroffen werde. Diese Formulierung trug dazu bei, einige der aggressiveren eingepreisten Wetten auf eine weitere geldpolitische Lockerung aufzulösen, was in der Folge zu einem Anstieg des Schweizer Franken gegenüber dem Euro führte. Das allgemeine Umfeld unterstützt weiterhin den Franken. Seine Safe-Haven-Attraktivität und Nutzung als Diversifizierungsinstrument unterstützen weiterhin einen konstruktiven Ausblick, auch angesichts gemäßigter geldpolitischer Signale.

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