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Ruhe bewahren, aber auf den Carry-Trade achten

Die globalen Märkte peilen Rekordhochs an, da sich der MSCI erholt, der US-Dollar schwächer wird und die Wetten auf eine Zinssenkung durch die Fed steigen. Der sprunghafte Anstieg bei den japanischen Renditen schürt Carry-Trade-Sorgen, während in Deutschland politikbedingte Risiken drohen.

  • Höchststände am Jahresende. Der MSCI All Country World Index hat sich in den letzten zwei Wochen stark erholt und den Abstand zum Rekordschlusskurs Ende Oktober auf nur noch 0,5 % verringert. Rekordhochs sind in Sicht, wenn es zu saisonalen Rückenwinden kommt.
  • Der US-Dollar wird schwächer. Der US-Dollar-Index notiert nahe einem 1-Monats-Tief und steuert auf den vierten wöchentlichen Rückgang in fünf Wochen zu. GBP, EUR, JPY und AUD führten bei den Kursgewinnen.
  • Kommen wir zur Sache. Die Neubewertung aufgrund der Lockerung der Geldpolitik durch die Fed hat Fahrt aufgenommen, da die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung im Dezember bei über 90 % liegt. Wir sind weiterhin der Ansicht, dass das bevorstehende Treffen ähnlich den Treffen aus September und Oktober verlaufen könnte: eine Zinssenkung, in einer aggressiven Botschaft verpackt.
  • Chair Force One. Kevin Hassett gilt als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Jerome Powell, dessen Amtszeit im Mai 2026 endet. Prognosemärkte geben ihm eine Nominierungschance von ungefähr 75–80 %, wobei Präsident Trump eine Bekanntgabe zu Weihnachten angedeutet hat.
  • Tokio-Tendenz. Die Renditen japanischer Benchmark-Staatsanleihen erreichten den höchsten Stand seit 2007. Auslöser waren die Sorgen der Anleger hinsichtlich der Ausgabenpläne von Premierministerin Sanae Takaichi und die Erwartung einer Zinserhöhung durch die Bank of Japan. Der Yen hat diese Woche um mehr als 1 % zugelegt.
  • Ruhe vor dem Carry-Sturm? Steigende japanische Renditen bergen das Risiko einer massiven Auflösung des Yen-Carry-Trades, was zu Volatilität an den globalen Devisenmärkten und bei Risikoanlagen führen würde.
  • Es wird ernst. Nur sieben Monate, nachdem sie die Arbeit aufgenommen hat, steht die deutsche Koalitionsregierung vor einer entscheidenden Abstimmung, die ihr Ende bedeuten könnte. Dies könnte die jüngste Erholung des Euro beeinträchtigen.
Chart: Risk of disorderly carry unwinds amid thin liquidity

Globale Makrodaten
Widersprüchliche Signale

Chaos auf dem US-Arbeitsmarkt. Während sowohl die Zahl der Erstanträge als auch die Zahl der Folgeanträge auf Arbeitslosenunterstützung in der vergangenen Woche zurückgingen (wobei die erste Zahl mit 191.000 den tiefsten Stand seit drei Jahren erreichte), hat die Gesamtzahl der jährlichen Entlassungen bereits die Zahl von 1,1 Millionen überschritten. Dies ist nach Challenger, Gray & Christmas der höchste Wert seit Beginn der Pandemie im Jahr 2020. Dieser widersprüchliche Trend wurde durch die überraschende ADP-Mitteilung Anfang der Woche, dass die Zahl der Beschäftigten im privaten Sektor im November um 32.000 gesunken sei. Damit sei die Konsensprognose von 10.000 neu geschaffenen Stellen auf drastische Weise verfehlt worden. Der Rückgang bei den Anträgen auf Arbeitslosenunterstützung dürfte lediglich eine vorübergehende Erscheinung sein, da der späte Thanksgiving-Termin in diesem Jahr die Zahl der Antragstellungen möglicherweise verringert hat. Für die nächste Woche wird mit einem Anstieg gerechnet. 

Gemischte Erholung. Der ISM-PMI für den Dienstleistungssektor stieg (52,6), während der Index der gezahlten Preise den größten Rückgang seit mehr als einem Jahr verzeichnete (auf 65,4), was auf eine nachlassende Inflation hindeutet. Umgekehrt verschärfte der ISM-PMI für den Fertigungssektor seinen Rückgang (48,2) zum neunten Mal in Folge, wobei die Beschäftigung im Fertigungssektor auf schwache 44,0 sank.

Fed-Wetten. Die in dieser Woche veröffentlichten Daten haben die Markterwartungen bestätigt und die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung durch die Fed am kommenden Mittwoch stabil bei 90 % gehalten.

Divergenz bei den Wirtschaftsdaten. Der HCOB-Gesamt-PMI für die Eurozone wurde auf 52,8 nach oben korrigiert. Dies markiert die stärkste Expansion seit Mai, was vor allem auf das resiliente Wachstum im Dienstleistungssektor zurückzuführen ist. Im Gegensatz hierzu zeigten die Produktionssektoren in China und Kanada unerwartete Schwächen. Der Caixin-PMI für den chinesischen Fertigungssektor fiel auf 49,9 und der kanadische Ivey PMI fiel deutlich auf 48,4. Dies deutet auf anhaltende Herausforderungen und eine nachlassende Dynamik hinsichtlich wichtiger internationaler Handelspartner hin.

Chart: Jobless claims hit 3-year low

FX-Perspektiven
Gläserne Untergrenze für eine geldpolitische Lockerung der Fed

USD: Unbeständige Daten, zuversichtliche Märkte Der US-Dollar-Index (DXY) beendet die Woche um 0,5 % niedriger. Die bereits beinahe vollständig eingepreiste Zinssenkung im Dezember gewann zusätzliche Unterstützung, da schwächer als erwartet ausgefallene ADP-Daten den Konsens hinsichtlich einer Abschwächung am Arbeitsmarkt untermauerten. Allerdings wird das Gesamtbild nach wie vor von Unsicherheiten geprägt, da nach der Sitzung der US-Notenbank am 10. Dezember noch weitere wichtige Veröffentlichungen anstehen. Diese Woche markierte außerdem den vierten Rückgang in Folge bei den von der Regierung veröffentlichten wöchentlichen Anträgen auf Arbeitslosenunterstützung. Die von Challenger und Christmas zusammengetragenen Zahlen für Stellenstreichungen zeigten ebenfalls einen Rückgang. Da der wichtigste Indikator, der Bericht zu den Beschäftigtenzahlen außerhalb der Landwirtschaft, weiterhin fehlt, sind die Signale aus diesen kleineren Veröffentlichungen nur wenig kohärent. Auch wenn die Märkte hinsichtlich einer Zinssenkung in der nächsten Woche Zuversicht zeigen, ist eine positive Reaktion für den US-Dollar möglich, wenn die Zinssenkung von der mittlerweile bekannten strengeren geldpolitischen Rhetorik begleitet wird. Der Rückgang des US-Dollar-Index ist auch durch seine nach wie vor sehr gute Positionierung gegenüber Zinsdifferenzen im Vergleich zu seinen Bestandteilen begründet. Dies erklärt den Versuch des DXY, sich wieder an Zinsdifferenzen auszurichten. Die Kursbewegung erreichte den jüngsten Anstieg nicht. Diese Bewegung wird technisch unterstützt, wobei sich die Marke von 98 – oberhalb von 98,50 – vorerst als komfortablere Kursbewegungszone erweist.

EUR: Euro steigt, Fed im Fokus Der Euro gewann diese Woche gegenüber dem US-Dollar an Stärke, beflügelt durch Signale, die die Erwartungen hinsichtlich einer Lockerung der Geldpolitik durch die Fed im Dezember bekräftigen. Die schwächer als erwartet ausgefallenen ADP-Arbeitsmarktdaten verstärkten die Anzeichen für eine Abschwächung am Arbeitsmarkt. Gleichzeitig belastete Trumps voraussichtliche Nominierung eines Fed-Vorsitzenden, der eine eher lockere Geldpolitik verfolgt, die Stimmung gegenüber dem US-Dollar zusätzlich. Die am Dienstag veröffentlichten Zahlen für die Eurozone zeigen eine höher als erwartet ausgefallene Inflation, was die besonnenere Haltung der EZB bestätigte und den Zinsunterschied zugunsten des Euro erhöhte. Auf technischer Ebene hat das Währungspaar EUR/USD die von uns genannten Widerstandsniveaus durchbrochen, darunter auch die gleitenden Durchschnittswerte für die letzten 21, 50 und 100 Tage. Der gleitende 21-Tage-Durchschnitt diente Anfang Oktober als erster bärischer Indikator, bevor die gleitenden 50- und 100-Tage-Durchschnittswerte Mitte des Monats ebenfalls begannen, die Kursentwicklung zu begrenzen. Nun hat das Währungspaar diese Niveaus und damit die seit Mitte September bestehende Abwärtsstruktur durchbrochen. Dies schafft die Voraussetzungen für eine weitere Aufwärtsentwicklung, deren Nachhaltigkeit jedoch von einer kohärenten, auf eine Lockerung der Geldpolitik hinweisenden Kommunikation der Fed vor dem Hintergrund der nach wie vor fragmentierten US-Datenlage abhängig ist. Auf geopolitischer Ebene brachte Witkoffs Besuch in Moskau, um Gespräche mit Präsident Putin zu führen, keinen Durchbruch, sodass eine weitere Aufwärtsentwicklung für den Euro aus dieser Perspektive vorerst ihre Grenzen findet.

Chart: December is typically a weak month for the dollar

GBP: Beste Entwicklung seit einem Monat. Das Pfund Sterling hat seine Erholung nach der Haushaltsvorlage fortgesetzt, gestützt durch eine Kombination aus positiven inländischen Wirtschaftsdaten und einer Neubewertung der Geldpolitik der Fed, für die jetzt eine Lockerung angenommen wird. Dies löste eine breitere Risikobereitschaftsrallye aus. Das Währungspaar GBP/USD stieg auf den höchsten Stand seit mehr als einem Monat, durchbrach wichtige gleitende Durchschnittswerte und testete kurzzeitig den gleitenden 100-Tage-Durchschnitt in der Nähe von 1,3370 USD. Diese Entwicklung hat das Währungspaar in einen überkauften Bereich getrieben, was das Risiko für eine kurzfristige Konsolidierung erhöht. Das Währungspaar GBP/EUR kletterte ebenfalls auf ein Ein-Monats-Hoch, was auf einen tendenziell kurzfristigen Durchbruch hindeutet. Die Optionsmärkte, die im Vorfeld des Haushaltsplans erhebliche Absicherungen gegen Kursverluste des britischen Pfunds aufgebaut hatten, haben diese Extremrisiken inzwischen ausgepreist. Die Auflösung dieser Absicherungsgeschäfte trug zu einer Rücknahme der pessimistischen Wetten bei und fachte die Erholung zusätzlich an. Die CFTC-Positionierung zeigt unterdessen, dass gehebelte Fonds ihre Long-Positionen kontinuierlich erneut ausbauen, während Anlagenverwalter weiter auf Netto-Short-Positionen setzen. Diese Divergenz belegt einen taktischen Optimismus vor dem Hintergrund einer anhaltenden strukturellen Vorsicht. Die kurzfristige Resilienz bietet Chancen, doch die politischen Unsicherheiten, die fiskalische Fragilität und die Erwartung einer Lockerung der Geldpolitik durch die Bank of England deuten auf langfristige Herausforderungen für das Pfund hin. Dies gilt insbesondere gegenüber dem Euro, der sich weiterhin in einem langfristigen Abwärtstrend befindet.

CHF: Unbeirrt von unterschrittenen Inflationszielen. Der Franken blieb von den schwächer als erwartet ausgefallenen Schweizer Inflationsdaten in dieser Woche weitgehend unbeirrt. Die Headline-Inflation blieb im November im Jahresvergleich unverändert, während die Kerninflation auf den niedrigsten Stand seit mehr als vier Jahren fiel. Dies deutet auf eine Unterschreitung der Prognose von 0,4 % der Schweizerischen Nationalbank für dieses Quartal hin. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die Zahlen die SNB bei ihrer Sitzung in der nächsten Woche zur erneuten Einführung von Negativzinsen veranlassen werden. Die Märkte werden stattdessen darauf achten, ob die Inflationsprognosen für 2026 geändert werden. Unterdessen haben erneute Schlagzeilen über Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland die Safe-Haven-Attraktivität des Schweizer Franken belastet, der tendenziell stärker auf Veränderungen der Risikostimmung in Europa reagiert. Da die Inflationsdynamik in den USA und den G10-Ländern jedoch weiter ungebrochen ist und die geopolitischen Risiken weiter bestehen, behalten Argumente für eine weiterhin defensive Währungsexposition ihr Gewicht. Das Währungspaar EUR/CHF ist in dieser Woche um 0,2 % gestiegen, liegt aber im Jahresvergleich weiter niedriger, während das Währungspaar USD/CHF im Jahresvergleich rund 12 % verloren hat. Dies ist ein Dilemma für die SNB, die möglicherweise eher die übermäßige Stärke eindämmen als den breiteren Trend umkehren möchte.

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