Vor dem Hintergrund steigender geopolitischer Spannungen, steigender Ölpreise und steigender Inflationserwartungen gaben die globalen Aktienmärkte diese Woche nach. Der europäische Aktienindex verzeichnete den ersten Rückgang im Wochenvergleich seit zwei Monaten.
Laut den ISM-Umfragen erholt sich das US-amerikanische verarbeitende Gewerbe parallel zur Schwächung des Dienstleistungssektors. Der Inflationsdruck verlagert sich zunehmend vom letztgenannten zum erstgenannten Sektor, da der Druck auf die Lieferketten wieder zunimmt.
Die Inflation in Europa sinkt weiter und legt die Grundlage für eine Zinssenkung im Juni. Die Preisgestaltung der EZB reagierte sensibler auf (starke) US-amerikanische als auf (schwache) europäische Makrodaten. Dies erklärt wahrscheinlich, warum die Währungshüter ihre Geldpolitik im April nicht lockern werden.
Der Anstieg des Dollars, der Ölpreise und der Inflationserwartungen gefährden das Basisszenario einer Zinssenkung der G3-Notenbanken im Juni. Die kommenden Makrodaten und Entwicklungen auf den Finanzmärkten werden daher aufmerksam beobachtet werden.
Der Euro erholte sich diese Woche von einem 7-Wochen-Tief, da sich die PMIs für den Dienstleistungssektor der Eurozone verbesserten, während der Dollar durch schwache Daten aus dem Dienstleistungssektor belastet wurde.
Die Daten zeigen, dass die britische Ladenpreisinflation auf ein 2-Jahres-Tief fiel. Eine Umfrage der BoE zu Inflations- und Lohnwachstumserwartungen liefert weitere Belege dafür, dass die britische Inflation nach unten tendiert.
Die wichtigsten Ereignisse der kommenden Tage werden die Zinsentscheidung in der Eurozone und die US-Inflation (VPI) sein, da Anleger versuchen zu erraten, wie wahrscheinlich eine Zinssenkung durch die Notenbanken im Juni ist.
Globale Makrothemen
Fed plant eine Zinssenkung im Juni, das Risiko einer weiteren Verzögerung steigt jedoch
Drei Probleme. An der Makrofront ist diese Woche viel passiert. Von der weiter sinkenden Inflation in der Eurozone bis zu den ISM PMI – Umfragen, welche weiterhin eine allmähliche Konvergenz zwischen dem Fertigungs- und dem Dienstleistungssektor anzeigen. Das größte Risiko für die Notenbanken weltweit und das aktuell niedrige Volatilitätsregime liegt jedoch im Anstieg der Rohstoffpreise, des US-Dollars und der Inflationserwartungen im bisherigen Verlauf des Jahres 2024. Diese drei stark korrelierten Probleme für risikoreiche Anlagen müssen in den kommenden Wochen genau beobachtet werden. Dies gilt insbesondere, da der europäische Aktienindex Stoxx 600 auf dem besten Weg zur ersten negativen Woche seit mehr als zwei Monaten ist und der S&P 500 den stärksten Rückgang seit Oktober verzeichnete.
Die Woche der ISMs. Die positive Überraschung durch den ISM-Einkaufsmanagerindex (PMI) für den US-Fertigungssektor vom Montag veranlasste Anleger dazu, sich sowohl von Aktien als auch von Staatsanleihen fernzuhalten, da die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung durch die Fed im Juni kurzzeitig unter 50 % fiel. Die positive makroökonomische Entwicklung setzte sich bis Dienstag fort, wobei die Zahl der offenen Stellenangebote und Fertigungsaufträge leicht besser ausfiel als erwartet. Der enttäuschende ISM PMI für den Dienstleistungssektor vom Mittwoch machte jedoch die Gewinne des Dollars vom Montag zunichte und die Währung verlor im Wochenvergleich an Wert. Aus den ISM-Veröffentlichungen lassen sich drei kritische Thesen ableiten. (1) Der Fertigungssektor hat den Tiefpunkt erreicht, während der Dienstleistungssektor den Höhepunkt überschritten hat. (2) Der US-Dollar reagiert weiter datengestützt und damit sensibel auf das makroökonomische Umfeld. (3) Die schwachen ISM PMIs sind von den immer noch robusten harten Datenpunkten abgekoppelt, wie dem BIP oder dem Beschäftigungswachstum.
Insgesamt lässt sich sagen, dass die Märkte erstmals seit Monaten weniger Zinssenkungen (2,6) einpreisen, als die US-Währungshüter für das Gesamtjahr prognostiziert haben (3). Dies verdeutlicht, in welchem Umfang sich die Stimmung hinsichtlich Wirtschaft und Fed verändert hat. Die meisten weichen Leitindikatoren haben jedoch begonnen, sich nach unten zu entwickeln, was unsere Forderung nach einer Zinssenkung durch die Fed im Juni stützt, trotz der Risiken eines weiteren Anstiegs der Ölpreise und der Inflationserwartungen.
Abhängigkeit von der Fed. Die Tatsache, dass die Europäische Zentralbank im April keine Zinssenkungen vornehmen musste, ist den US-Makrodaten zu verdanken. Die Inflation in Deutschland und in der Eurozone überraschte diese Woche mit einem Abwärtstrend. Trotz der anhaltenden Desinflation und der weiterhin schwachen Wachstumsaussichten wird die EZB die Zinsen sehr wahrscheinlich erst im Juni senken, nachdem diese Woche der Grundstein für eine Lockerung der Geldpolitik gelegt wurde. Dies liegt größtenteils daran, dass 1) die geldpolitischen Entscheidungsträger bei ihrer Inflationsprognose nicht erneut falsch liegen wollen und 2) das globale Wachstum im ersten Quartal die Erwartungen übertroffen hat. Aufgrund der letztgenannten Entwicklung und der daraus folgenden Rücknahme der eingepreisten Zinssenkungen durch die Fed hat die EZB etwas mehr Spielraum gewonnen, um mit ihren Zinssenkungen noch zwei Monate zu warten. Die Fundamentaldaten hätten jedoch eine Leitzinssenkung im April gerechtfertigt. Diese Abhängigkeit von den US-Makrodaten und der Fed wird jedoch in der zweiten Jahreshälfte an ihre Grenzen stoßen.
Unseres Erachtens ist die Volatilität eher auf externe Schocks zurückzuführen als auf die Divergenz der Geldpolitik der einzelnen Notenbanken. Die Abhängigkeit von US-Daten und der Fed wird im zweiten Halbjahr jedoch abnehmen müssen, da die regionalen Wachstumsaussichten auseinandergehen. Dies könnte die FX-Märkte direktional beeinflussen.
FX-Perspektiven
Makrodaten weiterhin bestimmend für FX-Märkte
USD Anstieg fragil. Die geringe Volatilität im FX-Bereich bedeutet, dass der US-Dollar im ersten Quartal 2024 zwar gegenüber 78 % der übrigen Währungen gestiegen ist, der Zugewinn seit Jahresbeginn jedoch nur knapp über 3 % liegt. Angesichts der Tatsache, dass (1) die Lockerung der Geldpolitik der Fed bereits weitgehend ausgepreist ist und (2) sich der Konjunkturzyklus zum Positiven verändert, wird es für den US-Dollar schwieriger werden, die starke Dynamik aufrechtzuerhalten. Allerdings hat die überraschende Stärke der US-Wirtschaft den Dollar bislang vor einem negativen Gegenwind geschützt. Nachdem der US-Dollar-Index Anfang März einen 2-Monats-Tiefststand erreicht hatte, stieg er diese Woche um mehr als 2 % und erreichte ein neues 5-Monats-Hoch, nachdem Daten zeigten, dass der US-amerikanische Fertigungssektor nach 16 Monaten der Schrumpfung wieder wächst. Schwächere Daten aus dem Dienstleistungssektor zügelten die Gewinne des Dollars jedoch und die Marke von 105 erwies sich erneut als unüberwindliche Barriere für den DXY. Die sehr hohe Sensibilität von Zinssätzen und FX-Märkten gegenüber US-Daten dürfte nicht nachlassen. Wir gehen jedoch davon aus, dass der Dollar angesichts der bereits in diesem Jahr erfolgten Rücknahmen bei den Lockerungswetten eine asymmetrische Reaktion auf die Daten zeigt. Sollten die US-Daten geeignet sein, um der Fed eine Zinssenkung zu ermöglichen, dürfte der Dollar stärker abverkauft werden, als wenn starke US-Daten die Fed in einer Warteposition halten.
Der EUR steht vor der besten Performance in einem 2. Quartal seit 2015. Der Euro erholte sich diese Woche von einem 7-Wochen-Tief, da sich die PMIs für den Dienstleistungssektor der Eurozone verbesserten, während der Dollar durch schwache Daten aus dem Dienstleistungssektor belastet wurde. Das EUR/USD-Währungspaar ist auf dem besten Weg, die 3-wöchige Negativserie zu beenden, da er deutlich über dem wichtigen 200-Tage-Durchschnitt schloss. Die FX-Volatilität ist jedoch nach wie vor äußerst gering. Die realisierte 1-Monats-Volatilität des EUR/USD-Währungspaars liegt bei 4,40 % (Yang-Zhang-Basis, annualisiert). Dies entspricht einem 29-Monats-Tief. Das Währungspaar schwankte (bis auf einen Handelstag) an allen Handelstagen im Jahr 2024 wischen $1,07 und $1,10. Derzeit deutet nichts darauf hin, dass sich dieses Regime in naher Zukunft ändern wird. Mit der Zinsentscheidung wird die EZB die Märkte wahrscheinlich auf eine Änderung ihrer Politik im Juni vorbereiten und einige Mäßigungssignale könnten den Euro vorübergehend belasten. Die vollständige Einpreisung einer Zinssenkung im Juni begrenzt jedoch den Abwärtsdruck für das EUR/USD-Währungspaar erheblich und verschafft der Währung die Möglichkeit, wieder nach oben zu klettern. Saisonale Effekte begünstigen innerhalb der genannten Bereichsparameter ebenfalls die Gemeinschaftswährung, da wir historisch gesehen im April im Durchschnitt eine Aufwertung des EUR/USD-Währungspaars beobachten.
GBP unruhig, aber innerhalb der Bewegungsspanne. Das Pfund Sterling erfuhr im ersten Quartal im Vergleich zu 70 % der globalen Währungen eine Aufwertung, verlor jedoch gegenüber dem US-Dollar 0,7 % an Wert. Nachdem das GBP/USD-Währungspaar ein 7-Monats-Hoch nahe $1,29 erreicht hatte, kehrte es nach der Mäßigungssitzung der Bank of England (BoE) im letzten Monat den Kurs um und fiel unter seine Interquartils-Handelsspanne für das 1. Quartal von ungefähr $1,263 bis $1,272. Als das Währungspaar unterhalb des gleitenden 200-Tage- und 50-Wochen-Durchschnitts schloss, löste dies einen Alarm hinsichtlich eines pessimistischen Markts aus. Die GBP-Optimisten konnten jedoch schwächere Daten aus dem US-Dienstleistungssektor und revidierte Daten für das Vereinigte Königreich verzeichnen, die zeigten, dass die Produktion im März zum ersten Mal seit 20 Monaten expandierte. Auch wenn das Pfund im Wesentlichen von US-Daten und den erwarteten Entwicklungen bei der G3-Politik bestimmt wird, hat die jüngste Annäherung der britischen Zinsperspektiven an die Zinsperspektiven für die USA und die Eurozone den Renditevorteil des Pfunds geschwächt. Diese Woche zeigten Daten, dass die britische Ladenpreisinflation auf ein 2-Jahres-Tief gefallen ist. Eine Umfrage der BoE zu Inflations- und Lohnwachstumserwartungen lieferte weitere Hinweise darauf, dass die Inflation im Vereinigten Königreich nachlässt, sodass das Risiko besteht, dass die BoE noch gemäßigter bleibt als erwartet. Dennoch war der Saisonalitätseffekt für das GBP/USD-Währungspaar im April stark. Das Währungspaar verzeichnete in 16 der letzten 20 Jahre eine Rallye, wobei aufgrund starker Dividendenrückflüsse die meisten Gewinne gegen Monatsende entstehen.
CHF – weitere Zinssenkungen der SNB belasten den Franken. Der Schweizer Franken erfuhr im 1. Quartal nur gegenüber 16 % der übrigen globalen Währungen eine Aufwertung. Dies ist die schwächste 3-Monats-Performance seit 2007. Im bisherigen Jahresverlauf ist der Franken die zweitschlechteste G10 Währung mit einer rückläufigen Performance von mehr als 8 % gegenüber dem US-Dollar und 6 % gegenüber dem Euro. Insbesondere wird das EUR/CHF-Währungspaar derzeit auf einem 11-Monats-Hoch gehandelt und ist seit neun Wochen in Folge gestiegen – seiner längsten Gewinnserie im Wochenvergleich aller Zeiten. Der erste Schlusskurs seit Ende 2021 über dem gleitenden 100-Wochen-Durchschnitt spricht dafür, dass das EUR/CHF-Währungspaar in Kürze Parität erreichen wird. Die neuesten CFTC-Daten zeigen auch, dass Hedgefonds ihre Netto-Short-Positionen in Schweizer Franken auf den größten Wert seit beinahe fünf Jahren ausgebaut haben. Was steckt hinter diesem pessimistischen Narrativ für den Franken? Im letzten Monat senkte die Schweizerische Nationalbank (SNB) als erste G10-Notenbank im aktuellen Zyklus den Leitzins auf 1,5 %. Damit wird der Franke im aktuellen Umfeld mit geringer Volatilität zu einer tragfähigeren G10-Finanzierungswährung für Carry Trades. Die Märkte preisen zudem eine weitere Lockerung ein; die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung der SNB im Juni liegt bei 76 %. Diese Einschätzung wird gestützt durch die stärker als erwartete Reduzierung der Schweizer Inflationsdaten im März auf 1 % im Vergleich zum Vorjahr. Daher gehen wir davon aus, dass der Franken im 2. Quartal und im restlichen Jahr 2024 weiter an Wert verlieren wird.