Drei Entwicklungen – die Bekanntgabe von Neuwahlen durch Emmanuel Macron, die gesunkene Inflationsrate in den USA und die Ankündigung einer nur einmaligen Zinssenkung im Jahr 2024 durch die Fed – führten zu einer beträchtlichen Volatilität beim Handel mit verschiedenen Assets.
Die Renditen langfristiger US-Anleihen (10 und 30 Jahre) verzeichneten aufgrund von Kapitalflüssen in sichere Häfen und einer robusten desinflationären Stimmung ihren bislang stärksten wöchentlichen Rückgang in diesem Jahr. Die US-Aktienmärkte erreichten neue Allzeithochs, während die Kurse in Europa aufgrund einer Risikoabneigung nachgaben.
Die einjährige Volatilität des Währungspaars EUR/USD erreichte den höchsten Stand seit sechs Wochen, da Optionshändler die Wahlen in Frankreich Ende des Monats berücksichtigten. Die Spanne zwischen den französischen und deutschen Renditen stieg auf ein 5-Jahres-Hoch.
Der Bericht zum US-Verbraucherpreisindex (VPI) vom Mittwoch zeigte, dass die Gesamtinflation im Monatsvergleich zum ersten Mal seit beinahe zwei Jahren stagnierte, wobei der jährliche Kernindikator auf ein Dreijahrestief von 3,4 % fiel.
Die geldpolitischen Entscheider in Europa warnen Spekulanten davor, in diesem Jahr zu viele Zinssenkungen zu erwarten – nur eine Woche, nachdem die Zentralbank zum ersten Mal seit fünf Jahren ihre Geldpolitik gelockert hatte.
Der sichere Hafen Schweizer Franken hatte inmitten der zunehmenden politischen Turbulenzen in Europa eine weitere starke Woche. Das Währungspaar GBP/EUR stieg auf den höchsten Stand seit Mitte 2022.
In der nächsten Zeit werden wir uns auf die bevorstehenden Makrodaten, neue Entwicklungen bei der Finanz- und Geldpolitik in China sowie die Wahlen in Frankreich konzentrieren.
Global Macro
Inflation und die Nervosität wegen der Neuwahlen in Frankreich schlagen die Fed
Ist die Fed-Sitzung bereits überholt? Das FOMC erwartet jetzt eine PCE-Kerninflationsrate von 2,8 % für 2025 (gegenüber 2,6 %) und eine Beschäftigungslosenquote von 4,2 % (gegenüber 4,1 %). Die Wachstumsperspektiven blieben unverändert. Ohne den Kontext des VPI-Berichts wäre diese Zinsentscheidung als aggressiv betrachtet worden. Allerdings scheinen Anleger die Zinssatzprognose der Fed angesichts der Inflationszahlen für Mai bereits als eingepreist und beinahe überholt zu betrachten. Dies wird dadurch unterstrichen, dass die Märkte weiter von einer Zinssenkung der Fed im September und Dezember dieses Jahres ausgehen.
Makrodaten überschatten die Fed. Die robusten Zahlen zu den Beschäftigungszahlen außerhalb der Landwirtschaft am Freitag und die Ankündigung von Neuwahlen durch den französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Montag führten Anfang der Woche zu einer gewissen Volatilität auf den FX-Märkten. Der Euro litt dabei am meisten unter der Flucht in sichere Währungen. Die Anleiherenditen stiegen weltweit sprunghaft an, da die US-Wirtschaft offenbar weiterhin resilient ist und Anleger politikbedingte Risikoaufschläge für europäische Staatsanleihen einpreisten. Dies änderte sich während des gestrigen Handelstags, als die US-Inflation niedriger als erwartet ausfiel und Kapitalflüsse zurück zu risikoreicheren Anlagen wie den Euro, das Pfund und Aktien auslöste. Nicht einmal die aggressive Aufwärtskorrektur der Inflations- und Zinsprognosen der Fed konnte die schwachen Zahlen des VPI-Berichts ausgleichen.
Die Volatilität ist zurück, der Politik sei Dank! Die Nachwirkungen der Ankündigung von Neuwahlen durch Präsident Emmanuel Macron zeichnen sich weiter auf den Märkten ab. Devisenoptionen preisen nach dem überraschenden Ergebnis der Wahlen vom Sonntag eine höhere Volatilität und eine stärkere Abneigung gegenüber der Gemeinschaftswährung ein. Die einwöchige Risikoumkehr weitete sich um 50 Basispunkte aus und erreichte ein Zweimonatstief, was auf eine negative Optionsneigung gegenüber dem Euro im Vergleich zum US-Dollar hinweist. Die einjährige Volatilität des Währungspaars EUR/USD erreichte den höchsten Stand seit sechs Wochen, da Optionshändler die Wahlen in Frankreich Ende des Monats berücksichtigen. Der festverzinsliche Sektor reagierte jedoch am empfindlichsten auf die aktuellen politischen Entwicklungen: Die 10-Jahres-Spanne zwischen den Renditen französischer und deutscher Staatsanleihen ist auf den höchsten Wert seit 2017 gestiegen.
Eine aggressive EZB. Auf der geldpolitischen Seite warnen die Entscheider in Europa Spekulanten davor, in diesem Jahr zu viele Zinssenkungen zu erwarten – nur eine Woche, nachdem die Zentralbank zum ersten Mal seit fünf Jahren ihre Geldpolitik gelockert hatte. Präsidentin Christine Lagarde erklärte gleich zu Beginn der Woche, dass es bei den Zinsen keinen linearen Abwärtstrend geben werde. Viele ihrer Kollegen stimmten ihr zu und bekräftigten damit den Konsens, die Sitzung im Juli ausfallen zu lassen und sich stattdessen auf eine mögliche Zinssenkung im September zu konzentrieren. Die EZB-Ratsmitglieder Nagel, Simkus, Rehn und Villeroy äußerten sich überraschend konform, als sie erklärten, dass die EZB (1) die Dinge nach Zinssenkungsentscheidungen weder überstürzen noch verzögern dürfe, (2) sich im Voraus nicht auf einen Kurs festlegen werde und (3) noch kein Ende der Inflationsphase verkünden könne.
Aktienkurse auf Allzeithoch. Die Desinflation in den Vereinigten Staaten setzte sich letzte Woche fort und führte Anleger sowohl in Aktien als auch in Anleihen. Der S&P 500 erreichte ein weiteres Allzeithoch, während die Renditen langfristiger Staatsanleihen den stärksten Rückgang in einer Woche in diesem Jahr verzeichneten. Der US-Dollar litt nicht unter diesem normalerweise fatalen Kapitalfluss, da die politischen Spannungen in Europa und die Handelsspannungen zwischen China und dem Westen in dieser Woche im Vordergrund standen. In der nächsten Zeit werden wir uns weiter auf die bevorstehenden Makrodaten, neue Entwicklungen bei der Finanz- und Geldpolitik in China sowie die Wahlen in Frankreich konzentrieren.
FX-Perspektiven
US-VPI schlägt die Fed und die Wahlen in der EU
USD Der VPI-Rückgang hält die Hoffnungen auf eine Zinssenkung aufrecht. Der US-Dollar startete nahe einem Ein-Monats-Hoch in die neue Woche nahe, nachdem der Bericht zu den Beschäftigungszahlen außerhalb der Landwirtschaft die Erwartungen übertroffen hatte. Der Beschäftigungsbericht für den Mai meldete 272.000 neue Arbeitsplätze – deutlich über der Prognose von 180.000. Auch der durchschnittliche Stundenlohn fiel höher aus als erwartet. Allerdings kehrte sich diese Stärke um, nachdem am Mittwoch ein überraschender Rückgang der US-Inflation gemeldet wurde. Der Gesamt-VPI blieb im Mai unverändert (bei Prognosen von 0,1 %), verglichen mit 0,3 % im April. Die Jahresrate betrug 3,3 % (ebenfalls unter den Prognosen ), verglichen mit 3,4 % im Vormonat. Allerdings führte eine eher vorsichtige Erklärung der US-Notenbank dazu, dass der Greenback einige Verluste wieder ausgleichen konnte. Jerome Powell, Vorsitzender der Fed, bemerkte, dass sich die Zentralbank weiter an den Daten orientieren müsse. Die sogenannten „Dot-Point“-Prognosen gehen nun nur noch von einer einzigen Zinssenkung im Jahr 2024 aus. Der US-Dollar-Index setzt den langfristigen Aufwärtstrend fort und wird durch die rollierenden 100- und 200-Tage-Durchschnittswerte um 104,50 herum unterstützt. In der nächsten Woche wird der Schwerpunkt auf der Meldung der Einzelhandelsumsätze am Mittwoch und der PMI-Werte am Freitag liegen.
EUR Aufstieg von Rechtsaußen-Parteien führt zum Fall des Euro. Der Euro verzeichnete einen deutlichen Rückgang, als die Märkte auf das starke Abschneiden von Rechtsaußen-Parteien bei den Wahlen zum Europäischen Parlament und die Ankündigung vorgezogener Parlamentswahlen durch den französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Montag reagierten. Der Euro befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits in der Defensive, nachdem die Europäische Zentralbank zuvor die Leitzinsen gesenkt und ihren Hauptrefinanzierungssatz um 25 Basispunkte auf 4,25 % gesenkt hatte. Die Schwäche des Währungspaars EUR/USD, dessen Kurs auf den niedrigsten Stand seit sechs Wochen fiel, ließ nach, da sich der US-Verbraucherpreisindex negativ auf den Greenback auswirkte. Dies war jedoch aufgrund der steigenden Risikoaufschläge in Europa lediglich eine kurzfristige Entwicklung. Der Euro könnte eine gewisse Unterstützung erfahren, da die EZB ihre Inflationsprognose für 2025 von 2,0 % auf 2,2 % angehoben hat. Daher wird davon ausgegangen, dass die Zentralbank eher weniger geneigt ist, die Zinsen weiter zu senken. Das Währungspaar EUR/USD blieb diese Woche auf Abwärtskurs und fiel zum ersten Mal seit dem Mai unter die wichtige Marke von 1,07 USD.
GBP Flirt mit Mehrmonatshochs. Das britische Pfund stieg im Anschluss an die schwächeren US-VPI-Daten gegenüber dem US-Dollar auf ein 3-Monats-Hoch und flirtet mit seinem gleitenden 200-Wochen-Durchschnitt. Im März verließ das Währungspaar GBP/USD dieses robuste Widerstandsniveau und fiel innerhalb von sechs Wochen um mehr als 4 %. In diesem Zeitraum wurden die Aussichten auf eine Zinssenkung durch die Fed jedoch eher negativ bewertet. Jetzt werden sie eher positiv bewertet. Gegenüber dem Euro erreichte das Pfund inmitten der von Frankreich ausgehenden politischen Risiken den höchsten Stand seit August 2022. In den acht Jahren seit dem EU-Referendum im Jahr 2016 wurde das Währungspaar GBP/EUR nur während 8 % der Zeit über 1,18 EUR gehandelt. Auch wenn sich externe Faktoren stärker auf die Entwicklung des GBP als inländische Daten und die Ankündigung von Wahlen im Vereinigten Königreich auswirkten, sind wir der Ansicht, dass die Märkte die Möglichkeit einer Zinssenkung durch die BoE in diesem Sommer unterschätzen. Das Pfund könnte einen Teil seiner aktuellen Dynamik verlieren, wenn die Inflation im britischen Dienstleistungssektor am kommenden Mittwoch niedriger ausfällt als erwartet. Dies würde die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung durch die BoE im August erhöhen und die Zinsunterschiede wieder in den Vordergrund rücken, insbesondere beim Währungspaar GBP/EUR.
CHF Ausgleich der Verluste seit Jahresbeginn. Der sichere Hafen Schweizer Franken hatte eine weitere starke Woche inmitten der zunehmenden politischen Turbulenzen in Europa, die zu einem risikoscheues Umfeld führten. Ende Mai war der Franken im Jahresverlauf gegenüber seinen internationalen Pendants im Schnitt um 5 % gefallen, hat diesen Verlust inzwischen jedoch auf nur noch 2,5 % reduziert. Der Franken hat in den vergangenen drei Wochen gegenüber dem US-Dollar und dem Euro rund 3 Prozent gewonnen, nachdem er gegenüber dem Euro den schlechtesten Jahresstart aller Zeiten verzeichnet hatte. Neben den jüngsten Kapitalflüssen in sichere Häfen wurde der CHF auch durch aktuelle Daten gestützt, die zeigen, dass die Inflation in der Schweiz ihren höchsten Stand in diesem Jahr aufweist. Dies untergräbt die Argumente für eine Zinssenkung durch die Schweizer Nationalbank während der Sitzung am kommenden Donnerstag. Dies geschieht zu einem Zeitpunkt, an dem spekulative Händler in der letzten Woche ihre Netto-Short-Positionen in Schweizer Franken so weit wie seit beinahe sechs Jahren nicht mehr ausgebaut haben.