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Globale Risiken halten Anleger zurück

Globale Makrodaten prägen die Finanzmärkte. Der Konflikt im Nahen Osten treibt die Rohstoffpreise in die Höhe. Der US-Dollar-Index ist auf dem Weg zu seiner besten Woche seit sechs Monaten.

Was die Finanzmärkte und die Risikostimmung betrifft, spielen einmal mehr die globalen Makrodaten die entscheidende Rolle. Die chinesischen Stimuli, die geopolitischen Spannungen und das Hin und Her bei der Einpreisung der geldpolitischen Entscheidungen von Fed, EZB und BoE machen das Gesamtbild komplizierter.

Die Stimmung hat sich diese Woche verschlechtert, da in geopolitischer Hinsicht die iranischen Raketenangriffe auf Israel die Angst vor einer Ausweitung des Konflikts schürten und zum stärksten Anstieg der Rohstoffpreise seit Anfang 2023 führten. Die Aktienkurse gaben nach, während der US-Dollar zulegte.

Die Anleger haben ihre Wetten auf eine geldpolitische Lockerung durch die Fed zurückgenommen. Gleichzeitig sind die Erwartungen hinsichtlich Zinssenkungen seitens der BoE und der EZB gestiegen. Offenbar haben Anleger in den vergangenen Wochen die Divergenz zwischen der Fed und dem Rest der Welt zu hoch eingepreist.

Die Zahlen in der nächsten Woche werden voraussichtlich ein weiteres Nachlassen der Inflation signalisieren. Allerdings könnten die jüngsten Streiks der Hafenarbeiter, die geopolitischen Spannungen mit ihren nachteiligen Auswirkungen auf die Rohstoffmärkte und die wirtschaftlichen Stimuli in China die Wareninflationsrate bis 2025 wieder in die Höhe treiben.

Die europäischen Verbraucherpreise fielen zum ersten Mal seit 2021 unter die von der EZB angestrebte Marke von 2 % und stiegen im September im Vergleich zum Vorjahr um 1,8 % (nach 2,2 % im Vormonat). Dies ist vor allem auf einen starken Rückgang der Energiekosten zurückzuführen.

Der US-Dollar-Index stieg auf den höchsten Stand seit sechs Wochen und ist auf dem Weg zu seiner besten Woche seit sechs Monaten. Er stieg im Vergleich zu den Währungen GBP, EUR, JPY und CHF, da Zentralbanken weltweit offenbar bereit sind, die Fed hinsichtlich einer gemäßigten Geldpolitik zu übertreffen.

Uncertainty about the Fed

Globale Makrodaten
Globale Faktoren machen der Fed das Leben schwer

Wirtschaftliche Stimuli in China im Vordergrund. Die Erholung des US-Dollars in dieser Woche bildet einen interessanten Hintergrund für die Inflationszahlen am Mittwoch. Die Anstrengungen Pekings, den Einbruch auf den Aktienmärkten und die Abschwächung der wirtschaftlichen Dynamik zu stoppen, wurden von den Anlegern recht positiv aufgenommen. Allerdings haben die geopolitischen Spannungen und die Zurückhaltung bei Wetten auf sinkende Zinsen in den USA die Risikobereitschaft gedämpft. Der leicht aggressive Ton des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell sowie einige robuste US-Daten haben die Rotation zum Greenback gefördert.

Steigende Lieferkettenrisiken. Diese Entwicklung wird zweifellos auch durch den Streik der Hafenarbeiter in den USA unterstützt. Dieser Streik, der rund die Hälfte der amerikanischen Seeschifffahrt lahmlegte, ist der erste dieser Art seit 1977. Je länger dieser Streik anhält, desto verheerender werden die Folgen und desto größer wird das Inflationsrisiko sein. Unterdessen hat der Konflikt im Nahen Osten die Energiepreise in die Höhe getrieben und könnte bei einer weiteren Eskalation ebenfalls zur Inflation beitragen. Daher scheint die aktuelle Skepsis gegenüber aggressiven Zinssenkungen durch die Fed derzeit berechtigt zu sein, ein Grund, warum sich die Erholung des US-Dollars kurzfristig fortsetzen könnte.

Geopolitischer Fokus. Die zunehmenden geopolitischen Risiken lösten gestern einen Anstieg bei der Safe-Haven-Nachfrage aus. Gold, Anleihen sowie die Währungen USD, JPY und CHF stiegen, während Aktien und risikosensitive Währungen wie das GBP abstürzten. Der VIX, der sogenannte „Angstindikator“ der Wall Street, sprang wieder über seinen langfristigen Durchschnitt und erreichte eine wesentliche Marke, die in der Regel auf eine fortgesetzte Volatilität hindeutet. Ein weiteres, von Händlern aufmerksam beobachtetes Anzeichen für eine zunehmende Besorgnis ist der VVIX (die erwartete Volatilität der erwarteten Volatilität), da dieser Index bereits seit mehreren Monaten über dem langfristigen Durchschnitt liegt.   

Inflation sinkt unter 2 %. Die Verbraucherpreise fielen zum ersten Mal seit 2021 unter die von der EZB angestrebte Marke von 2 % und stiegen im September im Vergleich zum Vorjahr um 1,8 % (nach 2,2 % im Vormonat). Dies ist vor allem auf einen starken Rückgang der Energiekosten zurückzuführen. Die Energiepreise sanken weiter und die Inflation im Dienstleistungssektor nahm ebenfalls ab (4 % gegenüber 4,1 %). Die Preise für Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak stiegen jedoch leicht. Auch die Kerninflation ging von 2,8 % auf 2,7 % zurück. Trotz dieser Abkühlung erwartet die EZB für die letzten Monate des Jahres 2024 einen erneuten Anstieg der Inflation, da der starke Rückgang bei den Energiepreisen im Jahresvergleich nicht mehr berücksichtigt werden wird.

Share of commodities

FX-Perspektiven
US-Dollar nutzt die Risikoaversionswelle

USD: Scharfe Trendwende dank mehrerer günstiger Faktoren. Der US-Dollar-Index stieg auf den höchsten Stand seit sechs Wochen und ist auf dem Weg zu seiner besten Woche seit sechs Monaten. Er stieg im Vergleich zu den Währungen GBP, EUR, JPY und CHF, da Zentralbanken weltweit offenbar bereit sind, die Fed hinsichtlich einer gemäßigten Geldpolitik zu übertreffen. Für den Dollar sprechen einige günstige Faktoren. Seine Attraktivität als Safe-Haven-Währung angesichts der zunehmenden Spannungen im Nahen Osten gab den Anstoß zur Erholung. Die anhaltende außergewöhnliche Stellung der USA und die stärker als erwartet ausgefallenen US-Daten veranlassten Powell zu einer aggressiveren Haltung. Die Renditen von US-Staatsanleihen steigen, da Händler ihre Wetten auf Zinssenkungen durch die Fed zurückfahren. Gleichzeitig trafen Spekulationen hinsichtlich einer weiteren Lockerung der Geldpolitik in Europa auf eine zurückhaltende Einstellung gegenüber einer weiteren Straffung der Geldpolitik in Japan. Dies verringerte die Nachteile durch die US-Zinssätze, reduzierte die Lücke zwischen den 6- und 3-Monats-Swapsätzen des US-Dollars und anderen wichtigen Währungen und erhöhte die Renditeattraktivität des US-Dollars. Kurzfristig dürfte sich die Aufwärtsdynamik des US-Dollars aufgrund der Schwäche anderer wichtiger Währungen und der Safe-Haven-Nachfrage fortsetzen. Tatsächlich sind Devisenoptionshändler hinsichtlich des USD so optimistisch wie seit Juli nicht mehr.

EUR: Abwärtsrisiken nehmen zu. Die Eskalation im Nahen Osten hat zu Beginn des 4. Quartals die makroökonomischen Entwicklungen auf den Devisenmärkten vorübergehend überschattet. Der Euro wurde von der Risikoaversion mitgerissen, verlor in der vergangenen Woche mehr als 1 % und testete die Marke von 1,10 USD, die seit Mitte August eine starke Unterstützung dargestellt hatte. Der pessimistische Trend beim Euro war jedoch bereits eingeleitet worden, bevor die geopolitischen Spannungen zunahmen, als Anleger die schwächer werdenden Fundamentaldaten für die Eurozone und die niedrigeren Inflationsraten zur Kenntnis nahmen. Dies führte zu einer gemäßigten Neubewertung der Erwartungen hinsichtlich des EZB-Treffens im Oktober. Der Rendite-Spread bei den zweijährigen Staatsanleihen der USA und Deutschlands stieg gegenüber dem Tiefstand im September von 136 Basispunkten auf 160 Basispunkte und setzte den Euro damit zusätzlich unter Druck. Auch die französische Politik sorgt für Nachteile: Die Spreads bei 10-jährigen OAT-Bund-Anleihen nähern sich dem Höchststand aus dem Juni, da vor der Kreditwürdigkeitsprüfung durch Fitch am 11. Oktober erneut Sorgen über die Haushaltslage Frankreichs aufkommen. In der letzten Woche hat das Währungspaar EUR/USD die seit Jahresbeginn erzielten Gewinne wieder eingebüßt. Angesichts der anhaltenden Risiken im Zusammenhang mit den US-Wahlen verharrt der Ausblick für den Euro weiter auf der pessimistischen Seite.

Macro risks have turned

GBP: Schlimmste Woche seit mehr als einem Jahr. Das Pfund ist auf dem Weg zu seiner schlechtesten Woche seit Juli 2023, belastet durch die Dreierkombination aus Risikoaversion, soliden US-Daten und gemäßigten Kommentaren der BoE in letzter Zeit. Der entscheidende Schlag für das Währungspaar GBP/USD war der Vorschlag des BoE-Gouverneurs Bailey, bei einem weiteren Nachlassen der Inflation einen aggressiveren Ansatz bei den Zinssenkungen zu verfolgen. Die Geldmärkte gingen dazu über, eine Senkung um 25 Basispunkte im November und eine Wahrscheinlichkeit von 70 % für eine weitere Senkung im Dezember vollständig einzupreisen. Am Mittwoch betrug diese Wahrscheinlichkeit noch ungefähr 40 %. Wir haben bereits deutlich auf die Diskrepanz zwischen der Einpreisung der Entscheidungen der BoE und den Entscheidungen anderer Zentralbanken hingewiesen und sind der Ansicht, dass eine gemäßigte Neubewertung das größte Risiko für die Entwicklung des Pfund Sterling darstellt. Nach Baileys Kommentaren verlor das Pfund gegenüber dem Dollar und dem Euro mehr als 1 %. Damit verzeichnete das Währungspaar GBP/EUR seinen schlechtesten Tag seit 2022. Da es viele optimistische GBP-Wetten gibt, besteht das Risiko, dass das Pfund noch dramatischer fällt, wenn diese Wetten zurückgenommen werden. Die Optionsstimmung hinsichtlich des GBP hat bereits den pessimistischsten Stand seit Mitte August erreicht und die implizite Volatilität bei 1-Wochen- und 1-Monats-Laufzeiten ist auf dem höchsten Stand in diesem Jahr, da die Händler sich beeilen, ihre Risiken abzusichern. Damit sich das Pfund erholen kann, müssen mehrere Faktoren zusammenkommen, darunter positive Überraschungen bei den Daten für die britische Wirtschaft und eine Deeskalation der Spannungen im Nahen Osten.

CHF: Überraschend geringe Safe-Haven-Nachfrage. Der Schweizer Franken fiel diese Woche gegenüber dem US-Dollar auf ein Drei-Wochen-Tief, was die Gewinne der Vorwoche wieder zunichte machten. Trotz zunehmender Spannungen im Nahen Osten hielt sich die Nachfrage nach dem Franken als Safe-Haven-Währung in Grenzen, da die Händler den USD bevorzugten. Sogar das Währungspaar EUR/CHF hat sich trotz der düsteren Daten aus Europa und den gestiegenen Wetten auf eine geldpolitische Lockerung durch die EZB schnell von seinem Drei-Wochen-Tief erholt. Wir warnen bereits seit mehreren Wochen vor einem schwächeren Franken, da dieser gegenüber dem Euro und dem US-Dollar überbewertet ist. Tatsächlich erklärte der neue Chef der Schweizerischen Nationalbank (SNB) diese Woche, dass Zinssenkungen zwar das bevorzugte Instrument zur Schwächung des Frankens seien, die SNB aber nicht ausschließen könne, auf dem Devisenmarkt aktiv zu werden. Bisher hat die SNB im Jahr 2024 darauf verzichtet, Einfluss auf die Kursentwicklung des Franken zu nehmen. Den Daten zufolge kaufte sie im 2. Quartal lediglich Devisen im Wert von 103 Millionen Franken (122 Millionen Dollar), nachdem sie im vorherigen Quartal ähnlich unbedeutende Käufe im Wert von 281 Millionen Franken getätigt hatte. Die Resilienz des Franken im 3. Quartal benachteiligt jedoch die Exporttätigkeit des Landes, während die Inflation im Zielbereich liegt. Dies könnte ein Grund für Deviseninterventionen im 4. Quartal sein, insbesondere angesichts des Risikos, dass die Attraktivität des CHF als Safe-Haven-Währung angesichts steigender geopolitischer Risiken zunimmt.

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